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Hoffnung und Freude

Duisburger organisieren Nachtwache

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Nach der ausländerfeindlichen Hetze rund um das Haus „In den Peschen“ in Rheinhausen haben Bürger Nachtwachen organisiert. Viele verbringen die Nächte dort bis in die Morgenstunden, um den Bewohnern „Schlaf zu ermöglichen“. Die Initiatoren hoffen auf eine ständige Präsenz der Polizei.

Bürger zeigen Solidarität: Nachdem sich die Situation am sogenannten „Problem-Haus“ in Rheinhausen in der vergangenen Woche zugespitzt hatte, haben Bürger erste Nachtwachen vor dem Wohnblock abgehalten. Viele, vor allem junge Leute aus Duisburg und der Region, versammeln sich dort täglich und bleiben bis in die Morgenstunden. In der Nacht zu Mittwoch hat es nach Angaben der Polizei Duisburg keine Vorfälle gegeben.

„Nach der Hetze im Internet und Provokationen vor Ort gab es bei vielen Bewohnern nur noch Angst und Schrecken“, sagt Annegret Keller-Steegmann, eine der Initiatorinnen der Nachtwachen. Auf Facebook wurde zum Angriff auf die Wohnblöcke aufgerufen, Unbekannte beschmierten Fassaden mit fremdenfeindlichen Parolen. Die Männer vieler Roma-Familien haben sich daraufhin zusammen getan, um auf mögliche Angriffe vorbereitet zu sein. „Da hätte der Wurf einer Cola-Dose gereicht, und das Ganze wäre eskaliert“, erinnert sich Barbara Laakmann, Ratsfrau der Linken – sie war ebenfalls bei zwei Nachtwachen dabei.
Einige wollten das Haus verlassen

Manche Hausbewohner haben die Situation offenbar kaum noch ertragen. Eine Familie mit einem wenige Tage alten Säugling habe plötzlich die Koffer gepackt und sei verschwunden. „Sie dachte wohl: alles besser als das hier“, so Ratsfrau Laakmann. Die Familie sei allerdings zurückgekehrt. Andere Bewohner fanden keinen Schlaf mehr. Kinder hätten sich nicht einmal mehr bettfertig gemacht, „um bereit für die Flucht zu sein“, berichtet Initiatorin Keller-Steegmann.

Es sei nicht hinnehmbar, dass Menschen mitten in Duisburg um ihr Leben fürchten. „Die Leute sollen wissen, dass sie nicht alleine sind und keine Angst zu haben brauchen.“ Die Bewohner, allen voran die Männer, beruhigten sich nach den ersten Nachtwachen.

Am Wochenende soll es dennoch erneut zu rassistischen Provokationen gekommen sein. Die Nachtwächter berichten von Gestalten mit Messern in der Hand; von Menschen, die „mit Autos über die Straße rasen und fremdenfeindliche Parolen schreien“. Zuletzt soll die Polizei ihre Präsenz verstärkt haben. Offenbar mit Erfolg: Die Duisburger Beamten ermittelten einen der Beifahrer. Er zeigte unter anderem den Hitlergruß. Den 21-Jährigen erwartet jetzt eine Anzeige wegen Volksverhetzung.
Aufrufe im Internet zur Unterstützung

Um solche Provokationen zu vermeiden, werden sich vorerst auch weiterhin nachts bis zu 40 Personen in Rheinhausen versammeln. Alte und junge, Studenten, zumeist aus kulturellen Kreisen – Keller-Steegmann ist Lehrerin. Sie veranstaltet unter anderem mit dem Jungen Ensemble Ruhr und Kirchengemeinden Workshops für Kinder des Roma-Hauses. Außerdem leitet sie einen Chor – er besteht aus Hausbewohnern und Duisburgern. Aus diesem Umfeld erhalte sie viel Unterstützung.

Inzwischen wächst aber auch im Internet die Solidarität: Auf Twitter rufen Nutzer zur Unterstützung auf, vereinbaren Treffpunkte – zum Beispiel an der Uni Duisburg. Andere bekunden ihre Wut über Fremdenfeindlichkeit.

Die Initiatoren sehen die Nachtwachen als Erfolg. Ihre Unterstützung habe den Bewohnern wieder etwas Ruhe eingebracht. „Am Sonntag haben viele das erste Mal seit Langem durchgeschlafen“, sagt Keller-Steegmann. Und ebenso gut sei es, dass „die Polizei jetzt regelmäßig vorbeischaut.“
Hoffen auf Dauerstreife der Polizei

Wie es weiter geht? Viele Bewohner, die laut Keller-Steegmann integrationswillig sind, wollen ausziehen. „Sie wollen sich absetzen von den Kriminellen“, sagt die 60-Jährige – dass es auch solche gebe, sei nicht von der Hand zu weisen. Denkbar seien Patenschaften mit Unterstützern, die bei der Wohnungssuche helfen. Nachtwachen wird es auch weiterhin geben.

„Wir bleiben so lange, bis es eine ständige Präsenz von den Behörden gibt.“ Nach Angaben der Duisburger Polizei sind täglich mehrfach Beamte vor Ort. Sprecher Ramon van der Maat: „Wir nehmen jeden Tag eine neue Gefahrenabschätzung vor.“

WAZ.de | Arne Schleef